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München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Geheimes Hausarchiv, Mannheimer Urkunden, Mainz, Nr. 7

Urkunde: Auszüge aus dem Lorscher Codex über Privilegien des Klosters Lorsch

o.O., 1344 , Zeitgenössische Abschrift

Pergament

7 Auszüge aus dem Lorscher Codex, die die Privilegien des Klosters Lorsch in Weinheim und Michelstadt und den Forstbann im Odenwald zum Gegenstand haben:

[1] Lorsch, 790 März 1
Graf Raffold übergibt aufgrund der Schwere seiner Sünden der Basilika des hl. Nazarius und Richbod, Abt des Klosters Lorsch, auf ewig all seinen Besitz im Oberrheingau und Ladengau in der Gemarkung des Dorfes Weinheim. Von dieser Stiftung ausgenommen sind sein Gold, Silber, seine Pferde und Kleider. Genannte Güter erhält Raffold vom Kloster Lorsch als Lehen auf Lebenszeit zurück. Dafür bezahlt er der Kirche des hl. Nazarius jährlich entweder am Fest des hl. Nazarius [12.06], hl. Martin [11.11.] oder hl. Remigius [01.10.] 2 Silberlinge. Sollte er von diesem Lehen zurücktreten, hätte das Kloster Lorsch ihm einen Betrag von 30 Pfund zu bezahlen. Sollte er davon nicht zurücktreten, soll das Kloster Lorsch die 30 Pfund nach seinem Tod für sein Seelenheil an Arme oder an Gotteshäuser geben. Sollten während dieser Lehenszeit weitere Güter hinzukommen, sollen auch diese nach seinem Tod dem Kloster zufallen und als Almosen für die dort lebenden Mönche genutzt werden. Sollte einer seiner Erben gegen diese Stiftung Einspruch erheben oder rechtliche Schritte einleiten, soll die Klage nicht geschützt werden und dem Kläger eine Geldbuße in Höhe von 500 Schilling auferlegt werden.
Ankündigung des Handzeichens des Grafen Raffold, des Heriad, des Walter.
Diese Stiftungsurkunde schrieb Rudolf.
Actum in monasterio Laurissam sub die kalendas marcij Anno XXIJo Regni dominj nostri Karruli gloriosi Regis.

[2] Burg Hohentwiel im Hegau, 1000 Juni 11
Kaiser Otto [III.] verleiht dem Lorscher Abt Werner auf dessen Bitten hin das Marktrecht in der dem Kloster Lorsch zugehörigen Ortschaft Weinheim. Alle Kaufleute und Marktfahrer, die diesen Markt besuchen, genießen Frieden. Der Wochenmarkt soll stets am Donnerstag abgehalten werden. Mit dieser kaiserlichen Urkunde legt Otto [III.] den Bann fest, wie es bei öffentlichen Märkten üblich ist. Sollte jemand das Marktrecht brechen oder zu verletzen versuchen, wird die Reichsacht über ihn verhängt.
Ankündigung des Zeichens und Siegels des Ausstellers, im Auftrag des Mainzer Erzbischofs Willigis zeichnete Herbert gegen.
Data IIJo Jdus Junij. Anno dominjce incarnationis .Mo. Jndictione .XIIJ. Anno […] .IJo. Ottonis regnatis .XVJ. Jmperij .v. Actum Duelli.

[3] Mainz, 1065 April 5
König Heinrich [IV.] verleiht auf Vermittlung und Fürsprache seiner Mutter, Kaiserin Agnes, und wegen der treuen Dienste des Lorscher Abts Udalrich dem Kloster Lorsch, wie bereits von seinen Vorgängern in ähnlicher Weise gewährt, die Marktrechte in der dem Kloster zugehörigen Ortschaft Weinheim. Alle Kaufleute und Marktfahrer, die diesen Markt besuchen, genießen Frieden. Der Markt soll am vierten Tag der Woche stattfinden. Mit dem Bann ist es zu halten, wie es in anderen Städten und Dörfern üblich ist. Sollte jemand versuchen, das Marktrecht zu brechen, wird die Reichsacht über ihn verhängt. Zusätzlich verleiht König Heinrich [IV.] zur Sicherung seines Seelenheils dem Kloster Lorsch das Münzrecht in Weinheim.
Ankündigung der Unterschrift und des Siegels des Ausstellers. Im Auftrag des Erzkanzlers Siegfried zeichnete Kanzler Sieghard gegen.
Data nonas aprilis. Anno dominice incarnationis MoLXVo. Indictione IIIo. Anno autem ordinationis Heinrici quarti regis XII. Regni eius IoX. Actum Mogontie, in die nomine, feliciter.

[4] Aachen, 815 Januar 11
Kaiser Ludwig [I.] der Fromme verleiht seinem Getreuen Einhard und dessen Ehefrau Imma den Ort Michelstadt im Odenwald inklusive der dazugehörigen Leibeigenen. Im Umkreis Michelstadts wohnen derzeit 14 hörige Knechte mit ihren Frauen und Kindern, im Ort selbst 40 weitere männliche und weibliche Leibeigene. Zusätzlich erhält er das Dorf Mühlheim am Main im Maingau, das sich einst im Besitz des Grafen Drogo befand. Dort befinden sich 19 Hofreiten mit 13 Knechten und ihren Frauen und Kindern. Zu dem Dorf Mühlheim am Main gehört das Dorf Untermühlheim mit 4 Hofreiten und 4 Knechten samt ihren Frauen und Kindern. Diese Güter dürfen die Eheleute nach Erbrecht und Gutdünken nutzen und vererben. Keiner der Gläubigen oder der kaiserlichen Getreuen soll versuchen, Einhard oder seiner Ehefrau diese Güter wegzunehmen oder ihren Wert zu mindern.
Ankündigung der Unterschrift und des Siegels des Ausstellers, Helisachar zeichnete gegen.
Data iij Jdus Januarii · Anno Christo propitio primo · Jmperii domini Ludowici piissimi Jmperatoris Augusti · Jndictione · VII · Actum Aquis grani palatio regio in dei nomine felicter Amen·.

[5] Kloster Lorsch, 819 September 12
Einhard und seine Ehefrau Imma vermachen um ihrer Seelenheil willen als letztwillige Verfügung die Zelle Michelstadt im Plumgau im Odenwald samt Zubehör dem Kloster Lorsch im Oberrheingau mit ihrem Abt Adalung. Die Zelle Michelstadt mit ihren 100 Leibeigenen, die ihnen von Kaiser Ludwig zu Eigen gegeben worden war, soll jedoch bis zum Tod der Eheleute in ihrem Besitz verbleiben. Sollte einer der beiden Eheleute vor dem anderen sterben, soll der Überlebende in die Rechte des Verstorbenen eintreten. Im Fall, dass sie männliche Nachkommen hinterlassen sollten, soll einem von diesen als Nachfolger der Nießbrauch zustehen. Nach dem Tod der Eheleute soll der aufgeführte Besitz ohne Widerspruch an das Kloster Lorsch übergehen. Sollte jemand gegen das Testament Vorbehalte haben oder versuchen, es zu bestreiten oder zu entwerten, hat er nicht nur Christus und den heiligen Märtyrer Nazarius zum Gegner, sondern wird auch vor die königliche Kammer geladen und von derselben gezwungen, Kloster Lorsch eine Buße von 1 Pfund Gold und 12 Mark Silber zu entrichten. Falls eine weitere, angebliche im Namen der Eheleute ausgefertigte Urkunde auftauchen sollte, soll diese null und nichtig sein, selbst wenn sie angeblich von ihren Händen bekräftigt wurde. Dieses Testament wurde von Hirminmar, Diakon und kaiserlicher Geheimschreiber, geschrieben und unterschrieben.
Zeugen: Rabangar, Warbot, Wolfbert.
Ankündigung der Unterschrift der Aussteller.
Facta donatio in Laureshamo monasterio .ij. Jdus septembris. Anno vjo. Regni domini nostri Ludowici gloriosissimi Jmperatoris. in dei nomine feliciter.

[6] (Vgl. [5])
Einhard beschreibt den Gegenstand seiner Stiftung, die Grenzen des Ortes Michelstadt, den er einst von Kaiser Ludwig erhalten hatte und schließlich dem Kloster Lorsch übergab. In diesem Zuge kundschaftete er die Grenze und die Ortsnamen sorgfältig aus und ließ sie von seinem Schreiber Luther niederschreiben: Die Grenze beginnt am Bergwald (monte Mamenhart) und läuft um den ganzen Berg herum bis zur platea, zur Doppeleiche, mitten zwischen Vlenbuch und Rumpheshusen hindurch zur großen Eiche, in das Bett des Ohrenbachs (Bramaha), bachabwärts in den Weilbach (Wllenebach), bachaufwärts bis zum Steinbächlein (lapideus riuulus), zur Weilburg (Wllenburg), durch das eine Tor hinein, durch das andere hinaus zum Euterbach/Itterbach/Itter (Euterun), bachabwärts bis zum Langenforst, über den Langenforstrücken zum Breitung (Breitensol), durch das Fichendal zum Fluss Vrtella, flussaufwärts zum Vinsterbuch, zu Einhards Pfaffenstein (Phaphenstein Eynhardi), über Richgeres sneiten zum Scheitel des Clophendales, zum Clophenberg, zum Königsbrunnen, bachabwärts bis in die Mümling, flussaufwärts zur Einsiedelei Mangolds (Manegoldescellam), zur Mossau, flussaufwärts zur Geroldsquelle, zum Ellenbogen in den Brambach, flussabwärts in die Mümling, zur Eiche zwischen der Grafschaft (Graschaft) und der Immunität (Munitat) und weiter zum Bergwald.

[7] Bamberg, 1012 Mai 12
König Heinrich [II.] verleiht auf Bitten des Lorscher Abtes Bobbo demselben und seinem Kloster, das zu Ehren der hl. Märtyrer Nabor [!] und Nazarius errichtet wurde, den Forst- und Wildbann, der nördlich nach König reicht, längs der Anhöhe in östlicher Richtung mitten durch den Bergwald von Nobbenhausen (Nobbenhuson) zum Branbach verläuft, weiter zur Lachbuche, in südlicher Richtung zum Euterbach/Itterbach/Itter (Lutram), bachabwärts zum Neckar, flussabwärts zum Dorf Neuenheim, weiter nach Bickenbach, Reichenbach und König. Niemand darf ohne Erlaubnis des Lorscher Abts dort jagen oder irgendeine eigenmächtige Handlung vornehmen.
Ankündigung der Unterschrift und des Siegels des Ausstellers. Im Auftrag des Erzkaplans Erchambald zeichnete der Kanzler Gunter diese Urkunde gegen.
Data iiij Jdus Maij. Indictione .x. Anno dominice incarnationis .m.xij. Anno vero domini. secundi Henrici regnantis .xo. Actum Bauenberg feliciter Amen.

[8] Die Grenze des Lorscher Forstbanns im Odenwald beginnt im Ort Zwingenberg, führt zum Berg Melibokus, weiter zum Felsberg, Beedenkirchen an der Lauter, Neunkircher Höhe (Wintercasto), Laudenau, Eberbach, Gersprenz, Abbatisbach, Kainsbach, Birkert, Kinzig, über die Mümling zum Weilbach, zum Branbach, zum Ohrenbach, weiter ins Wallendenbrunno, zur großen Eiche, bachabwärts durch die Bramaha, den Vullonobach hinab, durch die Ruine Vullonoburg, in den Fluss Euteraha, flussabwärts zum Neckar, flussabwärts nach Neuenheim, die Bergstraße entlang nach Zwingenberg. Innerhalb dieser Grenzen darf nur mit Einwilligung des Lorscher Abtes gefischt oder gejagt werden.

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(z. B.: IV, 145, xii)

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