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Darmstadt, Hessisches Staatsarchiv, Bestand A 1 Nr. 146/6

Urkunde: Weistum des Lorscher Hufgerichts

Kloster Lorsch, 1423 März 17 , Ausfertigung

Pergament

Berthold Myme, Priester des Würzburger Bistums und öffentlicher Notar, hält in einem Notariatsinstrument ein Weistum des Lorscher Hufgerichts fest. Zu Gericht sitzen Johann Koch, Schultheiß, Emich Boos von Waldeck, Hans von Wolfskehlen, Gottfried von Randeck, Heinrich von Schwanheim, Ulrich von Breitenbach, Stefan von Rückershausen, Konrad Gayling, Eberhard Schwende [von Weinheim], Johann Rabenolt, Johann Clein, Konrad Alhelm, Konrad, Stadtschreiber von Bensheim, Jost, Sohn des Jost von Schwanheim, Antonius Facke, Johann Facke, Hans Unmilte, Lorenz von Schwanheim, Heinz Winckeler von Breitenbach, Hans Wetzel von Nordheim, Peter Große, Peter Scherer, Bruder Christian von Erbach, Bruder Peter, Bruder Hans, Bruder Peter und Bruder Hans alle vom [Kloster] Schönau, Arnold Meische, Werner Cloeteler, Johann Starcke, Johann, Sohn des Konrad Kelner, Jost, Sohn des Hartmann von Rodau, Hermann Spirer, Klaus Hußel, Konrad Odefer, Johann Alhelm, Michael Beder, Jost Symon, Klaus Schreyer von Seeheim, Hans Gerlach von Weinheim, Johann Smulle Swartz, Hans Jeckel, Michael Hanman und Ulrich Heinrich Hiltebrant. Als Beisitzer sind Konrad Snelle, Pastor von Dieburg und Keller von Heppenheim, sowie Dieter Kämmerer [von Worms], Burggraf auf der Starkenburg, als Beauftragter des Mainzer Erzbischofs Konrad anwesend. Sie fordern den Schultheißen Johann Koch auf, die Wildhüfner zu folgenden Sachverhalten zu befragen:
1. Die Grenzen des Wildbanns im Bruch.
2. Anzahl und Beschreibung der Hufen im Wildbann.
3. Die Rechtsbefugnisse des Mainzer Erzbischofs im Wildbann.
Der Schultheiß und die Wildhüfner nennen ein Verzeichnis und Zettel, auf denen alles verzeichnet ist und dass die Rechte von alters her gewiesen wurden. Daraufhin zitiert Konrad Snelle, Keller von Heppenheim, aus besagtem Verzeichnis und genannten Zetteln:
1. Der Lorscher Wildbann im Bruch geht vom Westengiebel nach Bessungen, darauf über das oberste geleise off an die Bergstraße bis an den Neckar und in Neuenheim 3 Ruten in den Neckar hinein, den Neckar wieder abwärts bis in den Rhein, über den Rhein bis vor Oggersheim und Studernheim, der Alter Rhein genannt wird (heisset der alt Rin), wieder in den Rhein, den Rhein abwärts, von Engelstadt in die Lache namens Modau (Modach), von dort in die Berke (Bercka), von der Berke in die Dornheimer Otterstadt, bis vor die Breite Lache (breiden lache), über den Schafhof zum Gehaborner Hof (Gebenborne), vor die Harras, zum Westengiebel bei Bessungen. Innerhalb des Wildbanns liegen 24 Hufen, die jeweils 5 Unzen und 1 Heller zu zahlen haben. Davon erhält der [Erz]bischof von Mainz die eine Hälfte und der Graf von Katzenelnbogen gemeinsam mit den Herren von Bickenbach die andere Hälfte. Jährlich am Tag der heiligen Gertrud [17.03.] sollen die Wildhüfner nach Lorsch kommen und für den [Erz]bischof von Mainz über den Wildbann Recht sprechen. Sollte ein Hüfner nicht nach Lorsch kommen und von seiner Hufe die fälligen Zinsen nicht entrichten, soll der Mainzer Erzbischof entsprechend der Rechtsprechung der Wildhüfner darauf reagieren.
2. Die genannten 24 Hufen lauten wie folgt: Griesheim, Hartenau, Seeheim, Auerbach, Heppenheim, Weinheim, Schriesheim, Viernheim, Edigheim, Scharhof, Kirschgartshausen, Lampertheim, Bürstadt, Biblis, [Groß-]Rohrheim, Gernsheim, Biebesheim, Frankenfeld, Stockstadt, Wasserbiblos, Schwanheim, Groß-Hausen, Kessenau, Breitenbach.
3. Die Wildhüfner müssen nicht häufiger als einmal im Jahr, am St. Gertrudentag, zu Gericht sitzen. Sollte der Mainzer [Erz]bischof einen zusätzlichen Gerichtstag abhalten wollen, sollen die Wildhüfner durch einen einäugigen Büttel mit einem einäugigen Pferd zum Gericht einbestellt werden. Der Büttel soll zudem mit Steigbügeln aus Holz, Steigleder aus Bast und Sporen aus Dornen ausgestattet sein und den Wildhüfner zu Fuß oder zu Pferd in seinem Haus aufsuchen. Kommt der Büttel in dieser Art und Weise, ist der Wildhüfner verpflichtet, ihm alles gerne zu geben, was er unter dem Dach hat. Wird der Wildhüfner in dieser Form durch den Mainzer Erzbischof einbestellt, soll er nach Lorsch kommen. Sollte er nicht in dieser Form einbestellt werden, ist er nicht verpflichtet zu kommen, es sei denn, dass er es gerne tun möchte. Ohne die Zustimmung des Erzbischofs von Mainz soll niemand in dem Lorscher Wildbann jagen dürfen. Davon ausgenommen ist ein Ritter mit bunten Kleidern, einem Zobelhut, einem Eibenbogen mit Seidensehne, einem Federbusch-Zimier (Struß zemer), silbernen Strahlen und Pfauenfedern gefiedert und einer weißen Bracke an einem Seidenseil mit bedrafften Ohren. Sollte jemand ohne die Erlaubnis des Mainzer Erzbischofs im Lorscher Wildbann auf die Jagd gehen und einen Hirsch erlegen, muss er zur Strafe 3 Pfund Pfennig, 1 Ochsen (zindelstin ohsen) mit aufrechten Hörnern entrichten, für eine Hirschkuh 1 Kuh und 3 Pfund Pfennig, für ein Reh 1 Ziege und 3 Pfund Pfennig, für einen Rehbock 1 Geißbock und 3 Pfund Pfennig, für eine Blaumeise 1 Henne (hubechte henne) mit 12 jungen Hühnern sowie 3 Pfund Pfennig. Wen der Wildhüfner aufgrund von Wissen am Tag der heiligen Gertrud [17.03.] anzeigt, wird entsprechend der oben genannten Strafen für schuldig gesprochen. Ergreift der Wildhüfner einen Fallensteller (druher) auf frischer Tat, ist er berechtigt, ihm die Hand abzuschlagen, dem Schlingensteller (stricker) hingegen die Daumen. Wenn der Wildhüfner eine Person aufgrund von Wissen rügt, aber die Tat geleugnet wird, sollen die Daumen des Beschuldigten aneinandergebunden werden, ein Knebel durch die Beine gestoßen und derselbe in eine mit Wasser gefüllte Bütte (meische büden) geworfen werden. Schwimmt er auf dem Wasser, ist seine Unschuld bewiesen, geht er unter, war er schuldig. Rügt der Wildhüfner aufgrund von Hörensagen, darf der Beschuldigte versuchen, seine Unschuld zu beweisen. Aschenbrenner oder eine Person, die den walt brente, sollen zur Strafe in eine Wanne gebunden, schließlich barfuß 9 Schuhe weit entfernt von einem Feuer hingesetzt werden. Dort soll der Schuldige so lange sitzen, bis ihm die Fußsohlen abfallen. Die Wildhüfner sollen die Rodung von Wald verhindern. Ferner sollen sie, einmal im Jahr am Tag der heiligen Gertrud, wenn das Hufgericht in Lorsch Recht spricht, insgesamt 8 Personen mit Essen versorgen, jeweils 4 vonseiten des Mainzer [Erz]bischofs und 4 vonseiten der Grafen von Katzenelnbogen und der Herren von Bickenbach. Die Wildhüfner sind von Diensten, Bede und Zinsen auf ihrer Hufe befreit. Sollte jemand auf ihrer Hufe Unrecht tun, soll die Buße den Wildhüfnern zustehen. Ferner haben sie das Recht, ihr Vieh in den Wald zu treiben. Der Wildhüfner soll mittwochs einen Baum fällen und als Pfosten in den Boden treiben, um daran zwei Hunde anzubinden. Sollte der Wildhüfner auf der Wildhufe reich werden und einen Kahn beladen, soll dieser so weit in den See hinein die Zollfreiheit genießen, wie man einen roten Schild sehen kann. Wer dem Wildhüfner schadet oder ihn in seinen Rechten beschränkt, soll beim Gerichtsherrn angeklagt werden, damit er gerichtet werden kann. Wird dies nicht vom Herrn verfolgt, kann der Wildhüfner seinen Zins so lange einbehalten, bis ihm sein Recht widerfahren ist. Wer eine Wildhufe erbt, soll dem Herrn den doppelten Zins entrichten, den Wildhüfnern 1 Eimer des besten Weins, 12 Braten, die so groß sein sollen, dass jeder von ihnen eine Spanne über den Rand der Schüssel ragt, und 4 schöne Brote mit 8 Zipfen. Nach dem Verlesen des Verzeichnisses und der Zettel fragen Konrad Snelle und Dieter [Kämmerer von Worms] den Schultheißen und den Wildhüfner, ob sie dem Mainzer Erzbischof seit alters das Recht wiesen und ob dies auch in Zukunft so gehandhabt werden soll, was von dem Wildhüfner bejaht wird. Ferner weisen Konrad Snelle und Dieter [Kämmerer von Worms] den Schultheißen an, die Wildhüfner zu fragen, ob die Wildhufe von Kirschgartshausen schon immer zum Lorscher Wildbann gehörte und heute noch gehört, und ob sie schon immer an einen Wildhüfner vergeben war, welcher die Hufe jährlich bei dem Lorscher Hufgericht verzinste. Der Wildhüfner antwortet, dass die Wildhufe von Kirschgartshausen von alters her zum Lorscher Wildbann gehörte und noch heute dazugehört. Schon immer war dort auch ein Wildhüfner ansässig, der sie vor dem jährlichen Hufgericht verzinste. Dies wurde bis zum letztjährigen Hufgericht am 17. März 1422 so gehalten, bei dem der Wildhüfner die Wildhufe zu Kirschgartshausen mit seinen Eiden und Gelübden öffentlich und gänzlich aufgab. Auf Nachfrage über den zukünftigen Umgang mit der vakanten Hufe gibt der Wildhüfner an, dass vor Gericht darüber verhandelt werden soll.
Zeugen: Jakob, Verweser des Klosters Lorsch, Konrad und Philipp von Frankenstein, Brüder, Konrad Krieg von Altheim, Hartmann Ulner [von Dieburg], Bernhard Schwende von Weinheim. Ankündigung der Siegel von genannten Zeugen.
Nach Cristi geburt Dusent vierhundert vnd dry vnd zwentzig Jar […] Jn der Ersten Jndicien an dem Siebenzehenden tage des Mades Mertzen der do waz sant Gerdruden tag der heiligen Juncfrauwen zu der zwolffen horen oder gar nahe dobij Jn dem vorhoffe des Cloisters zu Lorische […] vnd sunderlichen zuschen dem Steinhuse vnd dem zieheborne in dem selben vorhoffe an dem besetzten vnd behegeten hubgeriechte.

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URN: urn:nbn:de:bsz:16-diglit-375164   
DOI: 10.11588/diglit.37516
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